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Serie

Schluss mit Schubladendenken: Klischees dekonstruieren und vorurteilsfreier berichten

Soziale Kategorisierung, Vorurteile und die Rolle der Medien: Relevante Forschungsergebnisse, Werkzeuge und Tipps für die redaktionelle Praxis, um sozialen Spaltungstendenzen und Hass verantwortungsvoll zu begegnen. Teil 9 der Serie "Psychologie im Journalismus".

Von Katja Ehrenberg und Margarida Alpuim

Diverse Figuren in allen Formen und Größen repräsentieren die Diversität von Menschen

Einführung und Überblick

Wenn ich, Katja, meine Studierenden in Sozialpsychologiekursen frage, wie Vorurteile entstehen, nennen sie oft "die Medien" als wichtigen Faktor, neben dem Einfluss von Erziehung und Gleichaltrigen. In Filmen und Fernsehsendungen - vor allem in älteren - wimmelt es oft von Klischees. Aber auch der Journalismus spielt eine Rolle: Nachrichtenberichte sind nie einfach nur Darstellungen der "Realität", sondern zwangsläufig eine Auswahl und ein Spiegelbild dessen, was Agenturen und Redaktionen für berichtenswert halten. Zudem hat die Art und Weise, wie Medien diese Themen setzen sowie sprachlich und visuell rahmen, einen direkten Einfluss auf die Gedanken, Gefühle und Handlungen des Publikums (1). Meine Studierenden betonen oft, dass Nachrichten und Dokumentarfilme auch dazu beitragen, stereotype Vorstellungen aufrechtzuerhalten, z. B. durch die verwendeten Labels und Begriffe oder mehr oder weniger subtile Täter-Opfer-Umkehr in der Berichterstattung.

Die Medien erschaffen die Realität mit: Sie können inspirieren und ermutigen, aber auch soziale Spaltung, Hassrede und Gewalt zwischen und innerhalb von sozialen Gruppen schüren, bis hin zum Genozid (2). Die Herausforderung für Medienschaffende besteht darin, umfassend und nuanciert, kritisch und vollständig zu informieren, aber nie entmenschlichend, nie implizit Rassismus, Frauenfeindlichkeit, queerfeindlichen oder antireligiösen Hass schürend - geschweige denn explizit, wie es in Propaganda oder enthemmten Social-Media-Kanälen geschieht (3).

Das ist nicht neu. Doch während Journalistinnen und Journalisten oft über die Notwendigkeit der Bekämpfung von Stereotypen und Vorurteilen sprechen, sind sie sich vielleicht nicht einmal bewusst, dass sie selbst (und ihr Publikum) von impliziten Biases beeinflusst werden. Ein tieferes Wissen über die Psychologie der Kategorisierung, Stereotypisierung, Vorurteile und diskriminierendes Verhalten, ihre Folgen und über gut beforschte Lösungsansätze könnten helfen. Das Thema ist komplex, da es viele unterschiedliche psychologische Prozesse umfasst, die miteinander zusammenhängen.

In diesem Artikel …

  • geben wir einen Überblick über die Funktionen sozialer Kategorisierung und ihrer "Begleiter" (Stereotype, Vorurteile und Diskriminierung);
  • erklären wir, auf welchen Wegen Stereotype und Vorurteile entstehen und wie Journalismus eventuell alltäglich ungewollt zu jedem dieser Prozesse beiträgt;
  • untersuchen wir einige der Auswirkungen, die Vorurteile auf Gedanken, Gefühle und Verhalten haben - einschließlich der Mechanismen, die sich auf journalistische Recherchen, Interviews und Berichterstattung auswirken;
  • Abschließend geben wir einen Überblick über die wichtigsten etablierten Lösungsansätze aus den Sozialwissenschaften, die auf dieser Forschung basieren, einschließlich Tipps und Werkzeugen, wie Journalistinnen und Journalisten abwertende, polarisierende und vereinfachende Herangehensweisen reduzieren und sensibler und nuancierter berichten können.

Struktur und Selbstwertgefühl: Warum wir kategorisieren - und mit welchen Folgen

Die Welt ist ein extrem komplexer Ort. Aufgrund unserer begrenzten mentalen Kapazität haben wir Menschen das Bedürfnis, Ordnung in den kontinuierlichen Strom von Sinneseindrücken zu bringen, deren Komplexität zu reduzieren und einen Sinn darin zu suchen (4). Eine Möglichkeit, dies zu tun, ist die Bildung von Kategorien – „Schubladen“ -, die ähnliche Objekte zusammenfassen und die Menge an Informationen, die wir verarbeiten müssen, wirksam reduzieren. Wenn ich weiß, dass ein Tier ein Vogel ist, "weiß" ich auch, dass es Federn hat und fliegen kann. Das sind Eigenschaften, die ich gelernt habe und die ich nicht bei jedem einzelnen Vogel erneut überprüfen muss. Die Kategorisierung hilft uns also, Beobachtungen zu verdichten und die Welt zu strukturieren. Allerdings treffen diese Merkmale nicht immer zu: Strauße und Pinguine sind Vögel, können aber nicht fliegen. Und in manchen Fällen kann Kategorisierung irreführend sein - wie im Fall von Fledermäusen, die, obwohl sie auf den ersten Blick Vögeln ähnlich zu sein scheinen, fliegende Säugetiere sind. Trotzdem halten wir in vielen Fällen an Kategorien fest, denn neben der Ordnung im Chaos steigern Kategorisierungsprozesse auch unser Selbstwertgefühl: In einer gut strukturierten und damit einigermaßen vorhersehbaren Welt zu leben, erfüllt unser Bedürfnis nach Kontrolle und Handhabbarkeit der Umwelt. Es gibt uns das Gefühl, dass wir verstehen, was vor sich geht und in der Lage sind, Herausforderungen zu bewältigen (siehe unseren letzten Artikel über Selbstwirksamkeit). So hilfreich und nützlich sie auch sein mögen, wir sollten nicht vergessen, dass Kategorien oft willkürlich oder stark vereinfachend sind (z. B. die Vorstellung von Geschlecht als binär).

Sobald wir Kategorien gebildet haben, zeigt die kognitive Forschung, dass Unterschiede zwischen den Exemplaren innerhalb einer Kategorie weitgehend ignoriert und Unterschiede zwischen verschiedenen Kategorien überbetont werden. Dieser sogenannte Akzentuierungseffekt gilt sowohl für einfache Objekte als auch für biologische oder soziale Kategorien und verstärkt sich, wenn Urteile unter Unsicherheit gefällt werden (5). Die Bildung und Etikettierung von Schubladen an sich hat also bereits Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung und unser Urteil, noch bevor es um die Merkmale geht, die mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kategorie verbunden sind (siehe unten).

Dadurch, dass in der medialen Berichterstattung einige soziale Kategorien erwähnt werden (weil sie als "außergewöhnlich" gelten) und andere nicht (weil sie als "Standard" gelten, z. B. heterosexuell, berufstätig oder gesund und leistungsfähig zu sein), heben Medienschaffende manche Merkmale schon per se stärker hervor als andere. Wenn die soziale Gruppenzugehörigkeit einer Person in einem bestimmten Kontext genannt wird, deutet das außerdem darauf hin, dass sie für das Thema relevant ist (z. B. eine Straftat oder eine besondere Leistung). Drittens legt die Etikettierung nahe, welche Merkmalsdimensionen überhaupt für die persönliche Identität in einer bestimmten Gesellschaft als relevant erachtet werden, was die Identifikation des Publikums und langfristig ein soziales Klima von Gemeinschaft beziehungsweise gesellschaftlicher Spaltung beeinflussen kann.

Historische Beispiele

Im ehemaligen Jugoslawien, einer Föderation, die von 1918 bis 1992 auf dem Balkan existierte, lebten u.a. Kroaten, Serben oder Bosniaken - Gruppen, die sich hauptsächlich in der religiösen Tradition, weniger in der ethnischen Zugehörigkeit unterscheiden - unter Präsident Josip Broz Tito jahrzehntelang meist friedlich als Nachbarn, Kollegen und Ehepartner zusammen, ohne dass diese Gruppen eine besondere Rolle spielten (6, 7). Innerhalb weniger Jahre nach Titos Tod im Jahr 1980 wurden diese Kategorien in populistischen politischen Reden und öffentlichen Debatten wieder „reanimiert“, um Spaltungen und ein soziales Klima zu schaffen, das - neben wirtschaftlichen und anderen Faktoren - den Boden für Kriege, Massenvergewaltigungen und Genozid in der Region bereitete, - was die Polarisierung natürlich erheblich manifestierte (8).

In Ruanda verbreiteten regierungsnahe Medien explizite Hasspropaganda gegen die ethnische Minderheit der Tutsi, ähnlich wie das nationalsozialistische Regime die deutsche Boulevardzeitung Der Stürmer nutzte, um im Vorfeld des Holocausts gegen jüdische Bürgerinnen und Bürger zu hetzen (2). Nach dem Schock des Völkermords in Ruanda 1994, bei dem in nur 100 Tagen mehr als 500.000 Tutsi und Menschen anderer ethnischer Gruppen getötet wurden, und dem anschließenden Regimewechsel wurde die Etikettierung ethnischer Gruppenzugehörigkeit offiziell nahezu vollständig aus dem öffentlichen Diskurs verbannt. Die konsequente Formulierung der gemeinsamen Identität der Bürgerinnen und Bürger ("Wir sind alle Ruander"), ist Teil eines ganzheitlichen Versöhnungsprogramms, das unter anderem viele Merkmale des konstruktiven Journalismus wie Lösungsorientierung und wertschätzenden Dialog erfolgreich einbezieht (9; siehe auch Artikel Nr. 6 dieser Reihe).

Der Akzentuierungseffekt ist bei Gruppen, denen wir selbst nicht angehören - sogenannten "Outgroups" - stärker als bei unserer eigenen, der sogenannten "Ingroup". Dieser Outgroup-Homogenitätseffekt (10) macht es uns schwerer, Menschen, die nicht zu unserer Gruppe gehören, zu unterscheiden ("die sehen alle gleich aus") und suggeriert, dass sie „auch alle gleich sind" (siehe auch Artikel Nr. 3). Eine Erklärung für diesen Effekt ist, dass wir in der Regel mehr Zeit mit Mitgliedern der Ingroup verbringen, was uns natürlicherweise deren Vielfalt und individuelle Unterschiede innerhalb der Gruppe vor Augen führt. Zugleich scheint die wahrgenommene Homogenität der Outgroup Vereinfachungen und abwertende Urteile über deren Mitglieder zu legitimieren.

Journalistinnen und Journalisten können versuchen, den Outgroup-Homogenitätseffekt auf mindestens zwei Wegen abzuschwächen: Erstens sollten sie vor allem bei der Darstellung sozialer Gruppen, mit denen das Publikum möglicherweise weniger vertraut ist, ein breites, vielfältiges und ausgewogenes Spektrum zeigen, z. B. von unterschiedlichen Migrationsbiografien, auch, um Dehumanisierung entgegenzuwirken (11; weitere Informationen dazu findest Du in einer aktuellen Studie über den europäischen Mediendiskurs über Migration und in Artikel Nr. 5 dieser Reihe über die Macht der Bilder). Zweitens wirken Vielfalt und Repräsentation in den Redaktionsteams höchstwahrscheinlich korrigierend und sensibilisierend im Hinblick auf eine differenzierte Recherche und Berichterstattung über marginalisierte Gruppen oder Minderheiten.

Schließlich gehören wir alle nicht nur einer, sondern mehreren sozialen Kategorien zugleich an, z. B. aufgrund unseres Geschlechts, unseres Berufs, unserer Muttersprache, unserer politischen Einstellung, unserer ethnischen Identität, unserer familiären Situation, unserer Vorlieben für einen bestimmten Musikstil oder Fußballverein. Unterschiedliche Menschen identifizieren sich dabei vielleicht sehr stark mit einigen Kategorien und kaum mit anderen (12). Ob eine bestimmte "Schublade" sinnvoll und damit auf einen selbst oder auf andere anwendbar erscheint, hängt sehr stark vom Kontext ab (13). Die Laborforschung zeigt, dass wir nicht nur "kognitive Geizkragen" sind, die aufgrund knapper mentaler Ressourcen kategorisieren (14), sondern auch "motivierte Taktiker" (15): Wir verwenden bestimmte Schubladen und Etiketten, wenn wir uns dadurch gut fühlen, und wir unterdrücken sie aktiv, wenn das nicht der Fall ist. Wenn uns zum Beispiel ein Arzt oder eine Ärztin, der oder die einer ethnischen Minderheit mit niedrigem gesellschaftlichem Status angehört, ein positives Feedback zu unserer Gesundheit gibt, kommen uns vorübergehend weniger Begriffe in den Sinn, die mit dieser Minderheit in Verbindung gebracht werden, und die Person wird in erster Linie als Arzt oder Ärztin wahrgenommen. War das Feedback hingegen negativ, unterdrücken wir Assoziationen, die mit dem angesehenen Beruf verbunden sind, und nehmen die Person in erster Linie als Angehörige dieser Minderheit mit niedrigem Status wahr - was es uns ermöglicht, ihre Kompetenz oder Glaubwürdigkeit abzuwerten (16).

Es liegt auf der Hand, dass soziale Kategorien selten neutral sind, selbst wenn wir uns jeweils nur auf eine Dimension konzentrieren. Der Prozess der Kategorisierung aktiviert offenbar automatisch Stereotype, Vorurteile und sogar diskriminierendes Verhalten, worauf wir weiter unten vertiefend eingehen werden.

Kurz und bündig (14, 17):

  • Kategorisierung: Der Prozess der Gruppierung von Objekten oder Personen nach unterschiedlicher Ausprägung von Merkmalen (z. B. jung, alt; Schreiner, Lehrkraft, …) entlang einer bestimmten Dimension (z. B. Alter, Beruf, Geschlecht, Religion, Subkultur, Nationalität usw.).
  • Stereotyp oder Klischee: ein kognitives Schema, eine mentale Wissensstruktur über vermeintlich typische Eigenschaften, die üblicherweise mit einer Kategoriezugehörigkeit assoziiert werden. Es kann wertneutral sein (z. B. "Menschen mit einer bestimmten Berufsausbildung tun Dinge typischerweise gern nach festen Regeln"), und: Man kann ein Stereotyp kennen, ohne unbedingt daran zu glauben, dass es zutrifft.
  • Vorurteil: eine verallgemeinerte positive oder negative, d. h. wertende Einstellung, die allein auf der Zugehörigkeit einer Person zu einer sozialen Kategorie beruht und Gefühle von Sympathie oder Abneigung impliziert (z. B. "sie sind so wunderbar strukturiert und gewissenhaft" oder "sie sind so furchtbar zwanghaft und rigide").
  • Diskriminierung: bezieht sich auf die Verhaltensebene: Behandle ich eine mir unbekannte Person anders, allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Kategorie? Bevorzuge ich sie, werte ich sie subtil ab oder verweigere ich ihr sogar offen den Zugang zu Gesundheitsversorgung, Wohnraum, Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten, Redefreiheit oder anderen Menschenrechten (z. B. "Diese Person lade ich gar nicht erst zu einem Vorstellungsgespräch ein, sie passt sowieso nicht in unsere lockere, kreative Start-up-Teamkultur")?

Die Tatsache, dass alle Menschen gleichzeitig vielen verschiedenen Gruppen angehören, wirft für den Journalismus die Frage auf, welche davon in der Berichterstattung erwähnt werden sollte(n), wenn überhaupt, und wie. So ist es zum Beispiel wahrscheinlicher, dass wir jemanden als Angehörigen einer Minderheitengruppe darstellen als als Angehörigen einer Mehrheitsgruppe (was buchstäblich weniger bemerkenswert erscheint), und entsprechend wird diese Kategorie eher mit berichtenswerten – oft negativen - Ereignissen und Verhaltensweisen wie Kriminalität in Verbindung gebracht. Die Forschung zeigt, dass schon ein einziger Medienbericht ausreichen kann, um eine negative Einstellung gegenüber einer Gruppe zu erzeugen (18).

Interessanterweise, aber wie vom Forschungsteam erwartet, hatte die Verwendung von Substantiven als Hinweis auf Gruppenzugehörigkeit (z. B. “ein Syrer”) stärkere negative Auswirkungen als die Verwendung von Adjektiven (z. B. ”ein syrischer …”). Adjektive lassen ein Merkmal weniger "wesenhaft" oder substanziell unveränderlich erscheinen, wohingegen Substantive Stabilität implizieren und zu stärkeren stereotypen Schlussfolgerungen und gruppenbasierten Vorurteilen führen (18). Gleichzeitig kann die Nichterwähnung der Gruppenzugehörigkeit von Tatverdächtigen zum Vorwurf medialer "Zensur" führen, wie unter anderem in Debatten um den entsprechenden Passus im Pressekodex deutlich wird (19, 20, 21).

Gleichzeitig kann die Erwähnung weiterer Eigenschaften einer Person einer Geschichte mehr Nuancen verleihen und die Perspektiven und mentalen Assoziationen erweitern. Wenn wir Menschen auf facettenreiche Weise beschreiben, geben wir dem Publikum mehr Möglichkeiten, sich mit ihnen zu verbinden. Die Erkenntnis, dass wir alle auf irgendeiner Ebene etwas gemeinsam haben, ist ein wirksames Mittel, um Vorurteile zu überwinden (22). Wenn wir über Vielfalt und Repräsentation sprechen, denken wir meist an primäre Kategorien wie Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit oder Alter, und lassen oft Aspekte wie das Leben in einer städtischen oder ländlichen Gegend, regionale Unterschiede innerhalb eines Landes, Gesundheitszustand, Bildungsniveau, sozioökonomischen Hintergrund, Kinder haben vs. Kinderlosigkeit, usw. außer Acht. Viele dieser "sekundären" Kategorien können jedoch einen stärkeren Einfluss auf den Lebensstil und die Werte haben, die für eine Geschichte wichtig sind, als die "primären" Kategorien, - und sie können dem Publikum helfen, einen persönlichen Bezug herzustellen.

Journalistinnen und Journalisten müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie Kategorien möglicherweise aufgrund ihrer persönlichen Assoziationen auswählen. Im ersten Schritt strukturieren Kategorien „nur“ die Welt; sie gewinnen erst im nächsten Schritt an inhaltlicher Bedeutung, wenn stereotype Vorstellungen von weiteren "typischen" Merkmalen zum Tragen kommen und auf eine Person angewendet werden, nur weil sie zu dieser Gruppe gehört. Im nächsten Abschnitt schauen wir uns an, wie diese Assoziationen erlernt werden und welche Rolle die Medien bei ihrer Entstehung und Verstärkung spielen.

Lernen und Wiederholen: Stereotype, Vorurteile und die Rolle der Medien

Wir haben bereits gesehen, dass Stereotype definiert werden können als Assoziationen zwischen einem Kategorielabel und Eigenschaften, die als typisch für ihre Mitglieder gelten. Aber wie entstehen solche Assoziationen überhaupt? Die folgende Tabelle listet – ohne Anspruch auf Vollständigkeit - einige klassische psychologische Prozesse auf, die zur Entstehung von Stereotypen beitragen. Für jeden Prozess findet Ihr auf der linken Seite eine kurze allgemeine Beschreibung, auf der rechten Seite wird beleuchtet, wie sich das im Medienkontext zeigt.

Evaluative Konditionierung

… ist ein sehr einfacher, aber wirkungsvoller Prozess, bei dem ein zunächst neutraler Reiz, z. B. ein Hinweis auf die soziale Gruppenzugehörigkeit, wiederholt mit einem angenehmen oder unangenehmen Reiz verknüpft wird (23). Bei kleinen Kindern kann dies das missbilligende oder freundliche Gesicht eines Elternteils oder Gleichaltrigen sein; später können es Spielzeuge, Buch- oder Filmfiguren sein, die zunächst neutrale Merkmale wie Geschlecht oder Aussehen mit Werten wie "Macht", "Schwäche" oder "Gefahr", "gut" oder "böse" in Verbindung bringen.

Medien tragen überall dort zu evaluativer Konditionierung bei, wo Nachrichten, öffentlicher Diskurs oder (ironische) Prototypen bestimmte Eigenschaften oder Themen immer wieder im Kontext einer Kategorie darstellen, was dazu beiträgt, Einstellungen zu formen, ohne dass sich die Person dessen überhaupt bewusst ist (24, siehe dazu eine aktuelle Studie der Global Strategy Group, die massiv verzerrte Formulierungen, Rahmungen und Bilder in US-Medienberichten über Strafprozesse aufzeigt).

Operante Konditionierung

… bezieht sich auf das Lernen durch Belohnung oder Bestrafung als direkte Folge unseres eigenen Verhaltens. Stereotype entstehen auch, wenn wir einzelne gute oder schlechte Erfahrungen mit einer Person auf andere verallgemeinern, die zufällig ein Merkmal mit dieser Person teilen. Operante Konditionierung kann auch bei Meinungsäußerungen wirken: Wenn wir soziale Zustimmung oder Ablehnung dafür erhalten, dass wir positiv oder negativ über eine bestimmte Gruppe sprechen, wird dies wahrscheinlich unsere zukünftige Einstellung beeinflussen (25).

Im Medienkontext kann eine solche soziale Verstärkung auch indirekt wirken. Wenn zum Beispiel vorurteilsbehaftete Ansichten von angesehenen Prominenten geäußert oder als vorherrschende Meinung dargestellt werden, kann dies für diejenigen, die unterschwellig sympathisieren, "ermutigend" sein, da ein Konsens unser grundlegendes Bedürfnis nach Zugehörigkeit erfüllt und sich besser anfühlt, als mit den eigenen - ansonsten "seltsamen" oder "extremistischen" - Ansichten allein zu sein (26).

Die Theorie des sozialen Lernens

… von Albert Bandura (27) betont, dass wir auch dadurch lernen, dass wir andere als (Rollen-)Modelle beobachten. Je nachdem, ob diese Vorbilder "belohnt" oder "bestraft" werden, können wir entscheiden, ob wir es ihnen gleichtun wollen oder nicht, indem wir z. B. eine bestimmte Meinung äußern.

In Medienkontexten dienen Gäste in Talkshows oder Protagonisten in Dokumentarfilmen möglicherweise als Vorbilder und können zu vorurteilsbehafteten oder egalitären Einstellungen inspirieren, indem sie diese für das Publikum - je nach Feedback - mehr oder weniger akzeptabel und erstrebenswert erscheinen lassen. In ähnlicher Weise kann ein Online-Posting, das viele Hasskommentare oder "Likes" erhält, starke Auswirkungen auf die Einstellung und die geäußerten Meinungen des Publikums haben (28).

Die Theorie des Gruppenkonflikts und der Zusammenarbeit

… von Muzafer Sherif (29) führt die Ursprünge von Vorurteilen und Diskriminierung auf Interessenkonstellationen zurück: Wenn zwei oder mehr Gruppen in einem Win-Lose-Szenario um knappe Ressourcen wie Land, Rohstoffe oder Status konkurrieren, ist es für die eigene Gruppe von Vorteil, den Konkurrenten abzuwerten oder sogar anzugreifen. Die Behauptung, dass "minderwertige" Andere auf Kosten der eigenen Gruppe profitieren, ist ein klassisches Mittel, um soziale Spaltung voranzutreiben, wie es populistische Strömungen aller Couleur in allen Epochen getan haben.

Medienschaffende sollten sich davor hüten, polarisierende Erzählungen von Konkurrenz unbedacht wiederzugeben oder ihnen eine (unpassende) Bühne zu geben. Arbeiten der gleichen Forschungsgruppe zeigen, dass Feindseligkeit zwischen Gruppen durch ein sinnvolles gemeinsames Ziel überwunden werden kann, umso mehr, wenn dieses Ziel nur durch Kooperation zwischen den Gruppen erreicht werden kann. Wir greifen diesen Punkt weiter unten noch einmal auf.

Die Theorie der sozialen Identität

… bietet eine noch einfachere Erklärung für negative Vorurteile: Wir wollen uns wertvoll fühlen, und da wir uns mit den Gruppen, denen wir angehören, sozial identifizieren, neigen wir dazu, diese positiver zu sehen als die Outgroup(s), denen wir nicht angehören (30, 10; siehe auch Artikel 3 dieser Serie). Studien zeigen, dass die bloße Zuweisung von Menschen zu verschiedenen Gruppen - selbst zu künstlichen und vorübergehenden, "minimalen" Gruppen - dazu führt, dass sie ihre Ingroup gegenüber der Outgroup bevorzugen und die Outgroup abwerten (30).

Journalisten sollten Framing vermeiden, das zu einer Ingroup-Outgroup-Dynamik führt (wie "wir" gegen "sie" oder "Gruppe A" gegen "Gruppe B"). Denke daran, dass Kategorien nicht nur an sich willkürlich sind, sondern dass es auch oft willkürlich ist - oder zumindest eine redaktionelle Entscheidung -, welche der vielen möglichen Gruppenzugehörigkeiten wie und wo erwähnt werden und welche nicht, und dass es stets mehrere mögliche Achsen von Ähnlichkeit ("wir") und Unähnlichkeit ("die") gibt.

Denken und Handeln: Reale Folgen im Alltag

Die meisten Menschen sind sich bewusst, dass Kategorisierungen und Stereotype die Dinge unangemessen vereinfachen, und sie bemühen sich, andere fair und ohne Vorurteile zu behandeln. Warum haben Stereotype einen solchen Einfluss auf unsere Gefühle und unser Verhalten, auch wenn wir das nicht wollen? Und warum sind sie so resistent gegen Veränderungen? Jahrzehntelange soziale Kognitionsforschung zeigt, dass Assoziationen zwischen einer Gruppe und vermeintlich typischen Eigenschaften ihrer Mitglieder automatisch aktiviert werden - also ohne Absicht oder Bewusstsein - wenn wir einer Person begegnen, die dieser sozialen Kategorie angehört (15). Andere Experimente zeigen, dass Stereotype sogar dann das Urteil und das Verhalten beeinflussen, wenn die Teilnehmenden persönlich davon überzeugt sind, dass sie nicht zutreffen, vor allem, wenn die Aktivierung von Stereotypen außerhalb des Bewusstseins geschieht (17).

In einem mittlerweile klassischen Laborexperiment, das 2001 in den USA durchgeführt wurde, um die Rolle automatischer Kognition bei Polizeieinsätzen zu untersuchen (31), sollten die Versuchspersonen Bilder danach sortieren, ob sie ein Werkzeug (z. B. eine Zange, eine Bohrmaschine usw.) oder eine Waffe (z. B. eine Pistole) zeigten, und zwar so schnell und so fehlerfrei wie möglich. Unmittelbar vor jedem dieser Bilder wurde den Teilnehmern für wenige Millisekunden ein Foto eines Gesichts gezeigt, so kurz, dass sie es gar nicht bewusst wahrnehmen konnten. Das Ergebnis war, dass die Versuchspersonen ein Werkzeug eher fälschlich als Waffe klassifizierten, wenn sie zuvor ein dunkelhäutiges Gesicht gesehen hatten, als wenn sie ein hellhäutiges Gesicht gesehen hatten. In diesen Durchgängen waren sie auch schneller darin, Waffen korrekt als Waffen zu klassifizieren. Ähnliche Effekte traten in einer Videospielstudie mit schwarzen und weißen Figuren auf, die Waffen bzw. harmlose Gegenstände in der Hand hielten. Die Teilnehmenden hatten die Aufgabe, auf Figuren mit Waffen zu schießen, und sie schossen schneller und mit größerer Wahrscheinlichkeit auf die afroamerikanisch aussehenden Avatare, selbst wenn diese einen harmlosen Gegenstand hielten. Dieser Bias war in Stichproben weißer und schwarzer Teilnehmender etwa gleich stark (32). Diese Art von Experimenten wurde an anderen Orten und mit anderen von Diskriminierung betroffenen Minderheitengruppen wiederholt.

Offenbar werden Konzepte, die in vielen Ländern des globalen Nordens mit Nicht-Weiß-Sein assoziiert sind - wie Feindseligkeit, Kriminalität und Waffen - in Sekundenbruchteilen aktiviert und können in unklaren oder stressbelasteten Situationen unmittelbare Auswirkungen auf Wahrnehmung, Entscheidungsfindung und Handeln haben, wenn also bewusste Kontrolle zu spät einsetzt (33). Automatisch aktivierte Assoziationen können zu allen möglichen Fällen von Racial Profiling mit mehr oder weniger schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen führen, von willkürlichen Kontrollen und Verhaftungen bis hin zu tödlichen körperlichen Interaktionen (weitere Informationen findest Du in diesem Vice-Artikel sowie in den im Literaturverzeichnis unter 34, 35 und 36 aufgeführten Beiträgen zur Debatte über Racial Profiling in Deutschland).

Abgesehen von eindeutigen Hassverbrechen ist diskriminierende Voreingenommenheit oft subtil und unbewusst, was es schwieriger - aber nicht unmöglich - macht, sie zu überwinden. Natürlich geht es dabei nicht nur um Hautfarbe oder ethnische Zugehörigkeit: Auch Alter, Geschlecht, Beruf, Wohnort usw. können zu unbewussten Vorurteilen und subtiler Diskriminierung im journalistischen Kontext führen. Du könntest Dich zum Beispiel fragen:

  • Bin ich allein auf Basis bestimmter Merkmale (z. B. des Status) einer Person mehr oder weniger bereit, mich bei der Planung eines Interviews an ihren Kalender anzupassen?
  • Stelle ich manchen Menschen mehr kritische Fragen als anderen, und warum?
  • Spreche ich langsamer oder in einfacheren Worten und suggeriere damit, dass die andere Person weniger intelligent oder gebildet ist (37)?
  • Stelle ich einen Experten oder eine Expertin mit vollem Berufstitel und Institution vor (38, 39), wodurch ich eine Assoziation zwischen Expertenstatus und Gruppenzugehörigkeit (z. B. Geschlecht) herstelle und stärke, oder nicht (40)?
  • Unterbreche ich die Person häufiger, verhalte ich mich generell entgegenkommender oder abweisender durch Blickkontakt, Körperhaltung, Mimik oder Tonfall (41, 42)?

Solche Mikroaggressionen und unbewussten Vorurteile sind natürlich nicht nur bei der Interaktion mit Interviewpartnern oder Gästen relevant, sondern auch innerhalb von Redaktionsteams. Dieser Aspekt würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Dennoch ist er wichtig für ein gesundes und konstruktives Arbeitsumfeld, was sich wiederum auf die Berichterstattung auswirken dürfte.

Bevor wir zu den Möglichkeiten kommen, wie Du Stereotype, Vorurteile und Diskriminierung überwinden kannst, wollen wir einen Blick auf zwei Arten von Auswirkungen von Stereotypen werfen, die sie entweder a) davor schützen, als falsch enttarnt zu werden, oder b) durch Teufelskreise in der sozialen Dynamik sogar stereotype Realitäten schaffen. Bei beiden Aspekten werden wir uns darauf konzentrieren, wie diese Phänomene die journalistische Recherche, die Gestaltung von Interviews und das Erzählen von Geschichten beeinflussen.

Kugelsicher: Wie wir mit Ausnahmen von der Regel umgehen

Man könnte meinen, dass es leicht sein sollte, unangemessen vereinfachende Stereotype zu überwinden, indem man Daten und Fakten präsentiert oder durch Beobachtung oder Erfahrung deutlich macht, dass sie falsch sind. Der menschliche Verstand scheint jedoch so konstruiert zu sein, dass solche kritischen Informationen auf eine, sagen wir, "flexible Art und Weise" verarbeitet werden - vor allem, weil es sich besser anfühlt, zu glauben, dass man etwas schon immer gewusst hat, anstatt seine Überzeugungen kritisch zu hinterfragen und neues Wissen zu integrieren, was zudem vergleichsweise mühsam sein kann.

In Artikel Nr. 1 dieser Reihe haben wir uns bereits mit Effekten von Vorannahmen in der Informationsverarbeitung befasst, darunter auch mit dem sogenannten Confirmation Bias - der Tendenz, Fakten zu bevorzugen, die die eigenen Überzeugungen eher bestätigen als in Frage stellen. Informationen, die Stereotype widerlegen und helfen könnten, sie zu überwinden, werden hingegen oft einfach ignoriert, durch gezielte Recherche nach bestätigender Information in entsprechenden Quellen aktiv vermieden oder leichter wieder vergessen. Im journalistischen Kontext kann der Confirmation Bias in verschiedenen Stufen des Arbeitsprozesses wie folgt wirken:

  • In der Recherche: Bestimmte Schlüsselwörter oder Wortkombinationen werden gegoogelt, wenn man sich einem Thema nähert, z. B. die Suche nach sozialen Gruppenbezeichnungen und "Kriminalitätsstatistiken"; zusätzlich zu dieser menschlichen Voreingenommenheit tragen Filter und Algorithmen in den sozialen Medien zu hochselektiven Inhalts-"Blasen" bei;
  • In Interviews: gezielte Auswahl von Interessengruppen oder Expertinnen und Experten, die nicht selten die eigenen (vorurteilsbehafteten) Ansichten zu einem Thema teilen; oder das Stellen von stark lenkenden Fragen während des Interviews;
  • Beim Redigieren und Erzählen von Geschichten: "verwirrende" oder "weniger interessante" Teile werden herausgeschnitten oder Überschriften, Teaser oder Bilder einseitig ausgewählt (siehe Artikel Nr. 2 zur Macht der Sprache und Nr. 5 zur Macht der Bilder);
  • mit den für die eigene Sichtweise besten Argumenten beginnen und / oder enden (siehe Artikel Nr. 7 über Reihenfolge-Effekte).

Da sich manche Gegenbeweise oder Gegenansichten nicht komplett ausblenden lassen, sind Menschen zudem sehr kreativ, wenn es darum geht, die Aussagen oder das Verhalten anderer Menschen so „wegzuerklären“, dass sie ihre bisherigen Überzeugungen oder Klischees aufrechterhalten können. Wenn zum Beispiel jemand aus der eigenen Gruppe ein erfolgreiches kleines Start-up-Unternehmen gegründet hat, wird dies in der Regel mit persönlichem Verdienst erklärt (z. B. harte Arbeit, Kreativität, Unternehmergeist). Wenn ein Mitglied einer Outgroup ähnlich erfolgreich ist, wird dies oft auf glückliche äußere Umstände zurückgeführt. Dieser sogenannte ultimative Attributionsfehler (43) hält negative Vorurteile über eine Outgroup aufrecht, selbst wenn sie gerade widerlegt wurden. Umgekehrt wird der Misserfolg eines Ingroup-Mitglieds bevorzugt auf äußere Faktoren zurückgeführt (z. B. Marktschwankungen), während der Misserfolg einer Person aus einer Outgroup eher auf persönliche Eigenschaften attribuiert wird (z. B. Faulheit oder schlechte Projektmanagementfähigkeiten; siehe auch Artikel Nr. 4 über Kausalattribution).

Journalistinnen und Journalisten …

  • sollten darauf achten, dass sie keine kausalen Zuschreibungen vornehmen oder nahelegen, die Vorurteile aufrechterhalten (z. B. indem sie einige Gruppen als aktiv, andere als passiv darstellen; oder indem sie bei der Vorstellung von Interviewpartnern oder bei der Berichterstattung über sie nahelegen, dass sie Glück vs. ihren Erfolg verdient haben);
  • müssen sich darüber im Klaren sein, dass ihre eigene Gruppenzugehörigkeit einen subtilen Einfluss auf dieses Framing haben kann. Wenn Journalisten aus Randgruppen über Themen berichten, von denen sie selbst betroffen sind, wird ihnen oft mangelnde Objektivität vorgeworfen. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es genauso wahrscheinlich, dass sich dies auf die Berichterstattung von privilegierten Mehrheitsmitgliedern auswirkt, wie die starke Dominanz von Ansichten aus dem globalen Norden in der Berichterstattung zeigt (44);
  • können von mehr Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion in den Redaktionen profitieren, wenn es darum geht, solche Attributionsverzerrungen bei der Interpretation von gegensätzlichen Informationen zu überwinden oder zumindest auszugleichen.

Andere Möglichkeiten, Tatsachen umzudeuten, die den eigenen Vorurteilen widersprechen, sind Subtypisierung und Rekategorisierung: Männer, die einfühlsam sind und gut zuhören können (was dem Stereotyp des "männlichen Mannes" widerspricht), werden beispielsweise nicht als "richtige Männer" betrachtet und nicht selten mit verächtlichen Begriffen herabgewürdigt. In ähnlicher Weise wird einer beruflich erfolgreichen Frau, die rational und analytisch handelt, eventuell ihre Weiblichkeit abgesprochen und sie wird vor allem aufgrund ihres beruflichen Hintergrunds wahrgenommen (z. B. als Wissenschaftlerin oder Ingenieurin), wodurch sich die Dimension der fokalen Kategorie vom Geschlecht auf die Berufsdimension verschiebt. Beide Prozesse ermöglichen es, stereotype Überzeugungen über eine Gruppe (in diesem Fall über Männer oder Frauen) aufrechtzuerhalten, selbst wenn eindeutig widersprechende Belege vorliegen (45).

Journalistinnen und Journalisten sollten vorsichtig sein …

  • In der Recherche: sich ihrer eigenen Kategorieschemata bewusst sein, wenn sie nach Protagonistinnen oder Protagonisten zur Repräsentation einer bestimmten Gruppe suchen;
  • In Interviews: nicht unbewusst zu Subtypisierungs- oder Rekategorisierungsprozessen einladen, indem man konterstereotype Protagonisten als "interessant" oder "besonders" und damit atypisch darstellt;
  • Vor und während des Redigierens und Erzählens: die persönliche Relevanz jedes Merkmals für die Identität der Person reflektieren und klarstellen, dass alles, was sie interessant macht, sie nicht weniger "typisch" macht.

Ironischerweise erinnern sich Menschen oft besser an so genannte inkonsistente Fakten, weil sie sie aufwändig "weg erklären" (46). Auch wenn es seltsam erscheinen mag, ist dies eine äußerst effiziente Methode, um die eigenen Überzeugungen davor zu schützen, in Frage gestellt zu werden (47).

Alle der oben aufgeführten Phänomene spielen sich zunächst "nur" im Kopf der wahrnehmenden Person ab. Was aber, wenn Stereotype und Vorurteile einer Person auch das reale, objektive Verhalten eines Gegenübers in der sozialen Interaktion beeinflussen, z. B. in einem Bewerbungsgespräch oder einem wissenschaftlichen Intelligenztest? Was wäre, wenn entsprechende Erwartungen bestätigende "Tatsachen" hervorbringen, reale Verhaltensunterschiede, die das Vorurteil "beweisen", aber nie aufgetreten wären, wenn es von vornherein gar kein Vorurteil gäbe?

Teufelskreise bei der Ko-Kreation stereotyper Realitäten

Was wir denken und fühlen, beeinflusst unser Verhalten, und unser Verhalten beeinflusst das Verhalten der Menschen um uns herum. Daher ist es nicht wirklich überraschend, dass Stereotype und Vorurteile die Macht haben, Realitäten nicht nur zu filtern oder umzudeuten, sondern sie auch in der sozialen Interaktion mit zu erschaffen.

Selbsterfüllende Prophezeiungen treten in vielen Alltagssituationen auf (42), z. B. zwischen Lehrkräften und Schülerschaft (48, 49) oder zwischen Personalverantwortlichen und Bewerberinnen und Bewerbern (41). Sie können auch die Interaktionen zwischen Journalistinnen und Journalisten und ihren Gesprächspartnern oder Gästen beeinflussen. In einer US-amerikanischen Studie (41) wurden reale Vorstellungsgespräche beobachtet. Man hat festgestellt, dass die (weißen) Personalverantwortlichen Bewerber unterschiedlicher ethnischer Herkunft systematisch unterschiedlich behandelten und dass sich die nicht-weißen Bewerber im Durchschnitt weniger professionell präsentierten. In einem anschließenden Experiment mit nur weißen Bewerbern zeigte sich, dass deren erfolgreichere Selbstpräsentation eine direkte Folge der geschaffenen Gesprächsatmosphäre war. Weniger Unmittelbarkeit (z. B. distanziertere Sitzordnung und Körperhaltung) und kürzere Gesprächszeit führten zu unsichererem Verhalten (z. B. mehr Sprachfehler pro Minute). Für unabhängige Beobachter, die den Interaktionsstil des Personalverantwortlichen nicht kennen, wird es den Anschein haben, dass nicht-weiße (oder anderweitig stereotyp stigmatisierte) Bewerberinnen und Bewerber sich tatsächlich als weniger kompetent präsentiert haben und deshalb aus "objektiven" Gründen nicht eingestellt wurden, also dass das Vorurteil tatsächlich zutrifft.

Im Journalismus entstehen selbsterfüllende Prophezeiungen am ehesten in Interaktionsphasen bei der Recherche und der Berichterstattung, deshalb sollte man sorgfältig darauf achten …

  • faire, nicht-diskriminierende Rahmenbedingungen für Interviews und Gespräche zu schaffen (z.B. gleiche Zeiteinteilung, ähnliche Raumaufteilung, gleichermaßen wertschätzendes nonverbales Verhalten), insbesondere wenn Du mehr als einen Gast gleichzeitig empfängst;
  • Interviewfragen fair zu stellen, und nicht z.B. Mitglieder von Minderheiten oder Gruppen mit niedrigem Status mit geschlossenen oder lenkenden Fragen zu "verhören", während man umgekehrt den privilegierten Gruppenmitgliedern offene Fragen stellt und viel Spielraum gibt;
  • sensibler für die eigenen unbewussten Vorurteile zu werden, z. B. ob man Prominente oder Experten anders behandelt als "normale Menschen", die in der öffentlichen Debatte ohnehin tendenziell unterrepräsentiert und daher weniger medienerfahren sind, was sie wiederum für künftige Einladungen weniger geeignet erscheinen lassen und die Unterrepräsentation weiter fördern könnte.

Und nicht zuletzt können Stereotype selbst ganz ohne diskriminierendes Verhalten die Leistung von Menschen beeinflussen. Allein das Wissen, dass es ein negatives Stereotyp über die eigene Gruppe gibt (z. B. "Mädchen sind nicht gut in Mathe", "weiße Männer können nicht weitspringen"), kann ausreichen, um bei einer Person Angst aufkommen zu lassen, sie könnte das Stereotyp bestätigen und damit die eigene Gruppe in Misskredit bringen. Je bedeutsamer die Gruppenzugehörigkeit subjektiv ist, desto wichtiger ist sie auch für das eigene Selbstwertgefühl (z. B. bei einem Intelligenztest gut abzuschneiden oder einen überzeugenden Vortrag zu halten). Dieses Gefühl der Bedrohung durch Stereotype (Stereotype Threat) kann - ähnlich wie bei Prüfungsangst - Stress auslösen und die kognitiven Fähigkeiten einschränken, was zu einer objektiv schlechteren Leistung bei den Aufgaben führt … und damit ironischerweise das Stereotyp bestätigt (50). Wichtig ist dabei: Sobald den Teilnehmenden gesagt wird, dass das, was sie tun sollen, für das infrage stehende Stereotyp irrelevant ist (z. B. ein Test, der nur "einige Fähigkeiten" und nicht "mathematische Intelligenz" misst), erbringen sie genauso gute Leistungen wie die andere, nicht stereotypisierte Gruppe. Umgekehrt leidet die Leistung der stereotypisierten Gruppe stärker, wenn die Gruppenzugehörigkeit besonders hervorgehoben wird. Die schlechteren Leistungen sind daher aller Wahrscheinlichkeit nach auf das Gefühl der sozialen Bedrohung zurückzuführen und nicht etwa auf ein "echtes" Defizit (51).

Journalistinnen und Journalisten können Stereotype Threat abmildern, indem sie …

  • Fragen so formulieren, dass die Zugehörigkeit der Person zu einer sozialen Gruppe nicht unnötig hervorgehoben wird, vor allem, wenn sie für das Thema nicht relevant ist (z. B. "Was machst du als alleinerziehende Mutter …");
  • ein "Vorgespräch" zu führen, um den Druck zu verringern.

Kritisches Reflektieren und Kontakt: Lösungen aus den Sozialwissenschaften

Ein Hauptziel aller bisher hier zusammengefassten Forschungsarbeiten ist es, Strategien zu entwickeln, um Stereotypen, Vorurteilen und Diskriminierung vorzubeugen und/oder sie zu überwinden.

Wenn stereotype Assoziationen das Verhalten unabhängig von der persönlichen Einstellung und den besten Absichten der Menschen beeinflussen, scheint die sicherste Methode, sie systematisch zu verlernen und/oder neue Assoziationen zu schaffen. Das menschliche Gehirn passt sich flexibler an, als wir oft erwarten, und das Verlernen von Stereotypen funktioniert im Labor tatsächlich recht schnell und stabil (52). Vorurteilsbehaftete Assoziationen aus dem Alltag zu verbannen, ist jedoch eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft - für Eltern, Lehrkräfte, die Autorinnen und Autoren von (Kinder-)Büchern, Filmen und Serien usw. In den letzten zehn Jahren hat sich zum Beispiel in Bezug auf die Normalisierung der Darstellung von Vielfalt, nicht-konventionellen, nicht-heteronormativen Geschlechterrollen und -beziehungen einiges getan (53). Dokumentarfilme, die Menschen auf eine Art und Weise darstellen, die normalerweise nicht mit ihrer sozialen Kategorie in Verbindung gebracht wird, unterstützen diese Veränderungen. Je häufiger gegensätzliche oder nicht-stereotype Assoziationen unter verschiedenen Bedingungen hergestellt werden, desto weniger "schützen" Confirmation Bias und Attributionsfehler, Rekategorisierung oder Subtypisierung vor einer Veränderung der mentalen Wissensstrukturen.

Auch eine differenzierte Darstellung der Zugehörigkeit zu mehreren sozialen Kategorien bietet Potenzial für soziale Integration, Empathie und eine individuellere Wahrnehmung von Personen (siehe (22) für eine umfassende Übersicht). Oder anders ausgedrückt: Je vielfältiger und nuancierter unsere Darstellungen sind, desto weniger leicht lassen sich Menschen, Orte und Ideen in "Schubladen" einsperren. Journalistinnen und Journalisten können dies unterstützen, indem sie über die Intersektionalität von Menschen berichten. Das gilt vor allem für sogenannte "Gateway-Gruppen" in Konflikten, die sich mit beiden Konfliktparteien identifizieren (z. B. israelische Araber).

Sherifs Arbeit zur realistischen Konflikttheorie (29) hat gezeigt, dass sich konkurrierende Gruppen versöhnen, wenn sie ein gemeinsames Ziel verfolgen, das sie nur durch umfassende Kooperation erreichen können (siehe auch (54)). Die Fokussierung auf mögliche gemeinsame Ziele ("wir sitzen im selben Boot") bei der Berichterstattung über Konflikte kann dazu beitragen, den Fokus in der Berichterstattung zu verschieben und sogar polarisierte Gemeinschaften dazu zu inspirieren, gemeinsame Veranstaltungen zu organisieren (besonders wirkungsvoll im Lokaljournalismus; 55).

Schließlich ist eine der ältesten und wirksamsten Methoden gegen Vorurteile der Kontakt. Jahrzehntelange empirische Studien zeigen, dass Kontakt Vorurteile abbaut, indem er das Wissen erhöht, die Empathie steigert und Ängste abbaut (56). Der Journalismus hat viele Möglichkeiten, Events zu gestalten und darüber zu berichten, die den informellen persönlichen Austausch zwischen Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlichen Standpunkten auf konstruktive Weise fördern (siehe unten).

Richtlinien und Schulungen für faires nonverbales Verhalten, die Formulierung von Fragen, die Länge und die allgemeine Gestaltung von Vorstellungsgesprächen (wie sie bei professionellen Bewerberauswahlverfahren üblich sind) sind ein weiteres wirksames Mittel, das auch unbewusste Voreingenommenheit und selbsterfüllende Prophezeiungen im journalistischen Umfeld verhindern kann.

Tools und Tipps

  • Achte bei deinen Recherchen auf die Schlüsselwörter, die Du verwendest, und darauf, dass sie bereits die Grundlage schaffen können für Confirmation Bias und eine verzerrte Auswahl von Fakten, Standpunkten oder potenziellen Experten, Protagonisten usw..
  • Wenn Du Interviews führst oder Gäste hast, achte darauf, dass du faire, wertschätzende Bedingungen für alle schaffst und nicht in die Falle unbewusster Biases, subtiler Diskriminierung, selbsterfüllender Prophezeiungen oder der ungewollten Schaffung von Stereotype Threat tappst (Strategien dazu findest Du im entsprechenden Abschnitt oben).
  • Verwende in Interviews und beim Erzählen von Geschichten eine einfühlsame Sprache und vermeide Metaphern, Bezeichnungen oder Visualisierungen, die Menschengruppen in irgendeiner Weise dehumanisieren (wie z. B. "eine Welle von Gruppe X, die hereinströmt" usw.). Vermeide bei der Darstellung von Opfern von Kriegen, Katastrophen oder Notlagen ein Framing, das nur Mitleid hervorruft, denn Mitleid impliziert einen Statusunterschied und spricht Menschen die Handlungsfähigkeit oder die Fähigkeit zur Bewältigung ab. Berichte über individuelle Erfahrungen, um den Protagonistinnen und Protagonisten mehr Substanz zu geben und Vielfalt zu zeigen (57). Wenn du über Menschen aus der LGBTQIA*-Community berichtest, vergewissere Dich, dass Du ihr Einverständnis hast, ihre Geschlechtsidentität oder sexuelle Orientierung zu benennen, und erkundige Dich bei ihnen, wie sie genannt werden möchten oder konsultiere professionelle Richtlinien, um die richtigen Begriffe zu verwenden. Wenn Du auf der Suche nach soliden Tipps bist, wie Du die Stimmen von Frauen in jeder Phase der Wertschöpfungskette von Nachrichten verstärken kannst, empfehlen wir diese umfassende Ressource.
  • Überlege Dir beim Storytelling genau, welche Zugehörigkeiten zu sozialen Gruppen Du überhaupt und wenn, an welcher Stelle (Überschrift, Lead, Text; siehe Artikel Nr. 7 zu Reihenfolgeeffekten) erwähnen musst. Verwende Adjektive anstelle von Substantiven (siehe oben), da sie eine weniger stabile "Wesenhaftigkeit" der Attribute implizieren und mehr Flexibilität erlauben.
  • Bedenke beim Geschichtenerzählen, dass jede Person gleichzeitig vielen verschiedenen Gruppen angehört - welche kannst Du erwähnen, um Nuancen hinzuzufügen, zu einem Perspektivwechsel einzuladen oder gegebenenfalls eine persönliche Ähnlichkeit für Dein Publikum zu schaffen? Wie kannst Du verschiedene Blickwinkel oder Schichten nutzen, um Schubladen aufzubrechen oder zumindest zu öffnen? Wie kannst Du dazu einzuladen, die Person als Individuum an der Schnittstelle all dieser Schichten zu sehen, ohne einen exotischen Subtyp zu schaffen, der "nicht zählt"? Wie kannst Du auf ähnliche Weise anders über Themen und Mitglieder Deiner Ingroup berichten und eventuell Nuancen hinzufügen?
  • Wenn Du Geschichten über interessante, konterstereotype Protagonisten erzählst, vermeide es, kausale Erklärungen vorzuschlagen, die allgemeine Vorurteile "schützen", weil die Inkonsistenz auf ganz besondere Bedingungen geschoben werden kann. Je zahlreicher und vielfältiger die "Ausnahmen von der Regel" sind, desto geringer ist die Chance, dass sie wegdiskutiert werden und das Vorurteil am Ende noch verstärken. Die Plattform "WIR SIND DER OSTEN" zum Beispiel ist eine Initiative, die gegründet wurde, um (progressive) Ostdeutsche mit vielen unterschiedlichen Biografien, Lebensstilen und Sichtweisen sichtbar zu machen.
  • Wenn Du über Konflikte zwischen Gruppen recherchierst und berichtest, suche nach möglichen gemeinsamen Zielen oder sogar einer übergeordneten gemeinsamen Kategorie. Prüfe bei Deiner Berichterstattung, inwieweit scheinbar von Konkurrenz geprägte Situationen so gerahmt werden können, dass ein kooperativer Ansatz Win-Win- statt Win-Lose-Ergebnisse denkbar macht. Was kannst Du noch hinzufügen (Daten, Perspektiven), das die Menschen dazu bringen könnte, das Thema aus einer Win-Win-Perspektive zu betrachten? (siehe auch unseren kommenden Artikel über Mediation und Verhandlung)
  • Gleichzeitig können von Medienschaffenden Veranstaltungen oder Dialogprojekte initiiert und organisiert werden, um anzuerkennen, dass gegensätzliche Positionen existieren und trotzdem nicht unbedingt polarisieren müssen. Der Kontakt zwischen Menschen ist eine der wirksamsten Methoden, um unterschiedliche Positionen zu verstehen, Gräben zu überbrücken, anstatt sie zu ignorieren, und Empathie zu fördern. Die Initiative "THE WORLD TALKS" ist ein hervorragendes Beispiel für eine journalistische Initiative, die Menschen mit unterschiedlichen Ansichten zu kontroversen Themen zusammenbringt. Sie ist sehr erfolgreich, wurde wissenschaftlich evaluiert und ist inzwischen weltweit verbreitet. Lokal- und Community-Journalismus bieten viele Möglichkeiten, um Kontakte innerhalb von Nachbarschaften zu fördern (sie dazu auch die Vorschläge des Bonn Institutes zu "Lösungsjournalismus im Lokalen", 55)
  • Denke über Deine eigenen Zugehörigkeiten zu sozialen Kategorien nach: Welche hältst Du für Deine persönliche Identität für wichtig, welche für weniger wichtig? Welche sind in der Gesellschaft, in der Du lebst, mit Privilegien verbunden, und bei welchen bist Du (unbewussten) Vorurteilen oder sogar offener Diskriminierung ausgesetzt? Wie könnte sich das auf Deine Recherchen und Deine Berichterstattung auswirken, auf die Art und Weise, wie Du mit verschiedenen Menschen umgehst und Themen formulierst; vielleicht sogar auf die Art und Weise, wie Du Recherchen angehst, auf die Schlüsselwörter, die Du verwendest? Worauf wärst Du vielleicht gestoßen, wenn Du andere Begriffe oder Portale verwendet hättest?

Stereotype und Vorurteile schaffen soziale Gräben und stärken polarisierende, extremistische Kräfte in der Gesellschaft. Frustration aufgrund mangelnder Chancen, das Gefühl, nicht gesehen, gehört oder respektiert zu werden, demotiviert die Menschen, sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen, und schürt Hass und Gewalt. Journalistinnen und Journalisten tragen eine große Verantwortung, wenn es darum geht, das Klima des öffentlichen Diskurses in Nachrichten, Talkshows und sozialen Medien zu prägen. Die subtile Wiederholung von Stereotypen über Ingroups vs. Outgroups im Storytelling, eine scheinbar nur geringfügig unterschiedliche Behandlung von Gästen mit unterschiedlichem Hintergrund usw. können mit besserem Wissen über diese Phänomene und ihre Auswirkungen überwunden werden. Entscheidend dafür ist der Wille, jahrhundertealte Narrative zu ändern, den Wert von Vielfalt zu würdigen - und in der redaktionellen Praxis mit konstruktivem Know-How, Geduld und täglichem Training einen versöhnlicheren und respektvolleren Journalismus zu ermöglichen.

Weitere Ressourcen zum Thema

  • Elliot Aronson: Nobody left to hate. Teaching Compassion after Columbine.
  • Bastian Berbner: 180 Grad. Geschichten gegen den Hass.
  • Jane Elliot: Blue Eyes.Dokumentarfilm über Anti-Rassismus-Workshops, die auf erfahrungsbasiertes Lernen setzen.
  • Alice Hasters: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten.
  • Irshad Manji: Don't label me: an incredible conversation for divided times.
  • Trevor Noah: Born a Crime. Growing up under South Africa’s Apartheid Regime.

Über die Autorinnen der Serie

Margarida Alpuim ist eine portugiesische Psychologin und Journalistin. Sie hat ihren Master in Gemeindepsychologie an der Universität von Miami absolviert und sich dabei auf Themen rund um kollektives Wohlbefinden konzentriert. Als Journalistin möchte Margarida konstruktivere Wege gehen, um Geschichten zu erzählen und dabei sowohl das Publikum als auch Fachleute berücksichtigen. Heute arbeitet Margarida von Lissabon aus an innovativen Projekten, um Psychologie und Journalismus zusammenzubringen.

Katja Ehrenberg ist promovierte Psychologin und Professorin an der Hochschule Fresenius in Köln. Seit bald 25 Jahren lehrt, forscht und publiziert sie zu anwendungsnahen Themen der Sozial-, Kommunikations-, Organisations- und Gesundheitspsychologie. Als freie systemische Beraterin begleitet sie Teams und Einzelpersonen und genießt es, sozialwissenschaftliche Erkenntnisse für die unterschiedlichsten praktischen Herausforderungen im menschlichen (Arbeits-)Alltag nutzbar zu machen.

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